Dienstag, 27. September 2016

Frühchen.

Ich finde es toll, dass Menschen sich engagieren wollen während ihrer Studienzeit. Das ist löblich, sowas braucht die Welt. Aber stell dir jetzt mal vor, dass man einfach nicht weiß, dass es etwas gibt, dem man beitreten kann. Also, man hat jetzt schon ein paar Jahre studiert und irgendwie hat man nie gewusst, dass es da was gibt, wo man sich anschließen kann. Das wäre doch sehr schade, wenn man das nicht wüsste, oder? Und nun ist da jetzt jemand, der dir sagt, dass es verschiedene Clubs oder Gruppen gibt, die sich für bestimmte Dinge einsetzen. Ist doch toll! Nur hast du es vorher nicht gewusst. Du hast die ganze Zeit vor dich hinstudiert und einfach keinen Plan gehabt. Also das fänd ich wirklich schade. Na und jetzt kommt's: Da steht nun jemand vor dir und sagt dir, es gäbe zum Beispiel an deiner Uni einen Swingerclub. Und du hast das all die Jahre nicht gewusst! Ich meine, woher auch. Und du fällst vom Glauben ab. Kippst vom Stuhl. Ist ja verständlich. Keiner hat dir je irgendetwas gesagt. Und du kamst auch nicht auf die Idee, mal nachzugucken, was es so gibt, an Angeboten. Weil, du studierst ja. Hast andere Sachen im Kopf. Da ist das klar! Und du denkst dir so: woooow, wie heftig, was ist da los und so. Du kannst es nicht glauben, aber du denkst dir: Und ich hab das all die Jahre nicht gewusst! Ich hatte keine Ahnung! Mies! Und heute ist es so, dass Ersties einfach wissen, was es an der Uni gibt! Die fangen frisch an und wissen, okay, da gibt es einen Swingerclub und ich kann da mitmachen! Endlich kann ich das machen, was der Sinn der Uni, der Sinn des Studierens ist: Sich selbst finden, experimentieren und einen Beitrag für die Gesellschaft und Kultur leisten. Gemeinnützig handeln, gemeinsam Werte schaffen und einfach.. toll sein! Nun, als ich diese eine eMail laß, war ich überrascht. Aber auch verzückt. Es hat mich imponiert. Ich mein, da war echt jemand, ein Mädchen, die schon vor dem Beginn des Studiums wusste, was es an der Uni so gibt. Und.. das rechne ich ihr an. Finde ich gut. War bei mir anders. Ich hatte keinen Plan. Ich fing an.. und war einfach gediegen überfordert. Alles war neu, die Stadt, die Leute, das Essen, die Kultur. Der Friseur.
Aber ich denke, Zeiten ändern sich. Menschen haben mehr Plan von Dingen. Viele sagen sich, sie machen ein Jahr Ausland nach dem Abi. Australien. Irak. Und dann fangen sie an einer neuen Uni an und treten Clubs bei. Ist schon Klasse. Ich wünschte manchmal, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Schon damals mehr Erfahrung haben als heute. Es ist halt so. Aber das wird schon.

Dienstag, 21. Juni 2016

Warum ich trainiere

Nun, falls diese Frage im Titel mal aufkommen sollte, in welchem Zusammenhang auch immer, ob mit Gleichgültig gefragt oder mit Leidenschaft an mich herangetragen, würde ich mich zu einer Antwort hinreißen, zu der ich mir im Vorfeld natürlich umfassende Gedanken angelegt habe. Die Frage also, aus welchen Gründen ich mich dazu entschieden habe zu trainieren. Gleich vorweg: Training definiere ich in meinem Falle damit, dass ich mehrmals die Woche ein Etablissement aufsuche, in dem Geräte stehen, die dazu in der Lage sind, dem (Be-)Nutzer, sofern dieser in der Lage ist, eine verrückt hohe Summe für eine Mitgliedschaft freizugeben, die Muskelpartien in seinem (oder ihrem) Körper im Volumen anzupassen. Hierbei sind natürlich der Vielfalt an Möglichkeiten fast keine Grenzen gesetzt. Man kann sich definieren, aufbauen, umbauen oder einfach nur den Leuten verträumt zugucken, wie sie versuchen, ähnlich der Gebärde eines Neugebohrenen akustisch vernehmlich die eigenen Körperteile optisch entsprechend schöner zu gestalten. Dass dieser Prozess nicht innerhalb eines Tages abgeschlossen ist, zeigt eine nicht durchgeführte Studie, die Menschen nicht gefragt hat, wie lange sie sich so in ihrem Leben solch unmenschlichen Qualen freiwillig aussetzen. Aber sei es drum, ich zähle mich feierlich zu der Gruppe Mensch, die Optimierungs- und Verbesserungspotential an ihrem Körper vernommen, akzeptiert, untersucht und für ausbaufähig befunden haben. Nun sehe ich mich also in einer dieser wöchentlichen Talkshows sitzen, werde von einer abstrus gekleideten Talkmasterin nett aber vernehmlich gefragt, warum ich mich dazu entschieden habe, meinen Körper optisch ansprechender in der Welt platzieren zu wollen. Wie andere das halt auch machen. Ich würde dieser Dame im Anschluss sogleich entgegnen, dass ich sehr intensiv diese Frage mit mir selbst diskutiert habe. Letztlich bin ich zu einem Ergebnis gekommen. Hoch erfreut hat mich das, das können Sie als Leser glauben. Kommen wir also zu der Frage, warum ich trainiere. Nun, ich habe mir ein neues Ziel im Leben gesetzt. Dieses Ziel ist zwar nicht unbedingt im Einklang mit anderen Zielen, die ich noch so zu verfolgen pflege, aber jenes obliegt meiner eigenen Entscheidung, nicht geistig, sondern körperlich mein Dasein auf diesem schicken Planeten zu verschönern. Ich verbringe also meine Zeit auf Erden damit, zu bestimmten Situationen, die da so im Leben auftauchen, eine passende Antwort parat zu haben. Stellen Sie sich nun mal folgende, nicht ganz abwegige Situation vor: Sie schaffen es, sich in einer Position zu befinden, bei der Sie Gebrauch von Ihren Muskeln machen müssen. Es geht nicht anders. Es könnte zum Beispiel vorkommen, dass sich vor Ihnen eine Kiste befindet, die doch nun wirklich ziemlich schwer ist. Falls ich also diese schwere Kiste, die zudem mit ganzen vielen Dildos gefüllt ist, hochheben sollte, dann würde ich mich doch leichter tun, hätte ich mehr Muskeln zur Verfügung, die mir beim Hebeprozess Unterstützung leisten könnten. Damit nicht genug: Ich hätte Zeit gespart und käme nicht außer Atem, da ich die Kiste mit Dildos eben schneller heben könnte und dem Transpirationsprozess wären auch Grenzen gesetzt. Man würde Feste feiern. Man würde einen neuen Feiertag ausrufen. Man täte gut daran, dieses Phänomen in den Geschichtsbüchern niederzuschreiben! Man würde all die Dinge für mich tun, ob der Freude, dass da nun endlich einer ist, der sich selbst dazu befähigt hat, seine Freizeit zu opfern, trainieren zu gehen, um nun endlich schwere Kisten mit Dildos hoch- und wegheben zu können. Man würde mich nicht anschauen, als stünde ich neben einer Kameltränke mit einem Tigerkostüm, das Kamel während der Wasseraufnahme grotesk kämmend, sondern ich würde Blicke ernten voll tosender Bewunderung, schmerzvollem Neid und augenblicklicher Ekstase. Und dafür tue ich das, meine sehr verehrten Damen, Herren und afroamerikanischen Radieschendompteure, nur für euch. Damit ihr wieder des Weges flanieren könnt, frohen Mutes und ohne Beschwerden oder Kummer, dass da schwere Kisten mit fraglichem Inhalt den Weg kreuzen. Ich könnte sie nun quickfidel entfernen. Naturschutz pur, mein sehr geehrter Gesangsverein. Ich würde mich sodann erheben, die Talkrunde mit erhobenem Haupt verlassen, um aber im Vorbeigehen nicht die Möglichkeit auszulassen, meine neu angesetzten Muskeln dem Stuntman und Double von Jürgen König unter die Nase zu reiben. Chapó!