Sonntag, 17. Juni 2012

Warum Prollen toll ist

Dieser kleine Beitrag widmet sich der Frage, warum Prollen eigentlich ganz toll ist. Denn normalerweise hat das Prollen eher einen negativen Beigeschmack. Man prollt nicht, das ist gesellschaftlich verpönt. Außerdem wirft es ein schlechtes Licht auf einen selbst und macht unsympatisch. Nebenbei ist Deutschland auch ein Neid-Land, jeder gönnt dem anderen nichts. Von daher ist Prollen genau der falsche Weg, wenn man sich neue Freunde machen will. Diese treten dann eher als Feinde auf und ignorieren, ja verunglimpfen einen. Was natürlich schade ist, denn eigentlich sollte man doch zeigen können, dass man das, was man gekauft und besitzt, auch verdient hat. Nur haben das wohl die meisten Leute nicht verstanden.
In Italien zum Beispiel wird man mit Klatschen und Jubeln empfangen, wenn man beispielsweise mit einem Ferrari ein V8-Konzert durch den Ort musiziert. Jeder, der an der Straße steht, fängt an zu strahlen, wirft die Hände in die Luft oder streckt den Daumen nach oben.
Nicht so in Deutschland, in dem man Kopfschütteln und Missverständnis erntet, versucht man hier gleiches zu tun. Natürlich wird eine solche automobile Skulptur schnell zum Sündenbock für Umweltverschmutzung und Lärmbelästigung erklärt. Aber vielleicht hat der Ferrari ja sein Anrecht darauf, vom Fahrer mit einem Grinsen und einer riesigen Freude im Gasfuß so gefahren zu werden?
Diese Präsentation der italienischen Diva könnte direkter Proll genannt werden, da wohl viele nicht auf den Gedanken kommen würden, der Fahrer habe sich das Gefährt mit viel Mühe und Fleiß erarbeitet. Die Meisten denken, dass das Auto geleast, gemietet, ausgeliehen oder sonstwie anderweitig ausgeborgt sei. Denn die Unterhaltskosten sind per se schon dramatisch hoch, da fällt der Anschaffungspreis erst recht ins Gewicht. Natürlich muss das Auto dann auch zum Anwesen und zum Fahrer passen und oft, das zeigt eine Beobachtung, ist dem nicht so.
Im Gegensatz dazu wäre nämlich indirekter Proll in einer Weise so, dass man sagt, man kaufe sich das Auto quasi heimlich, stelle es sich in die wohltemperierte Garage und behandle es wie eine Trophäe. Man führt es also nicht vor. So prollt man nämlich indirekt vor den Leuten, die dann irgendwann kommen, um sich den Traum auf vier Rädern genauer anzusehen.
Doch warum ist Proll denn nun gut? Nun, früher hatten die Leute andere Dinge, mit denen sie zeigen konnten, wer der Herr im Haus ist. Die Bauern maßen ihre Wichtigkeit und ihren Einfluss in Form der Anzahl von Ländereien, Sklaven, Frauen und anderem. Heutzutage, in der die Gesellschaft über die Zeit einen sehr starken sozialen Wandel erfahren hat, zählen andere Statussymbole. Dazu gehören halt Autos, Boote, Häuser und andere materialistische Werte. Und für viele Männer zählen auch die Anzahl der Frauen, mit denen sie eine Nacht verbracht haben, zu den Herausstellungsmerkmalen.
Damit kann man gut vor Freunden angeben. Feine Sache. Und genau diese Zurschaustellung ist bringt uns schon zum ersten Argument für das Prollen: Man vergleicht sich, man eröffnet quasi den Wettwerb um eine Sache. Genau dieser Wettbewerb ist ein großer Motivationsfaktor! Man kann sich denken: "okay, der hat ein tolles Haus und einen R8, verdient gutes Geld, da er eine hohe Position inne hat. Das muss ich auch hinkriegen". Jeder erinnert sich sofort an die Szene aus "Das 10 Gebote Movie", in dem der eine Nachbar sich einen Kernspintomographen gekauft hat und der andere Nachbar auf ihn neidisch war und daraufhin zwei Kernspintomographen gekauft hat. Das hat der andere Nachbar natürlich wieder mitbekommen und sich vier Kernspintomographen gekauft und immer so weiter. Am Ende waren beide Häuser voller Kernspintomographen, nirgends in der Stadt gab es noch Kernspintomographen. Wirklich sehr witzig das ganze.
Ein weiterer Pluspunkt, der daraus folgt ist, dass man durchs Prollen die Wirtschaft ankurbelt. Denn wenn man erstmal motiviert ist, sich neue, bessere und teurere Sachen zu kaufen, um damit den anderen wieder zu überbieten, verdient der Staat dabei gut mit.
Den dritten wichtigen Punkt kann man auf die Gesundheit der Menschen zurückführen, denn Prollen ist nicht gesundheitsschädlich. Dieser Punkt klingt zwar ein wenig komisch, aber führt man sich mal vor Augen, dass früher die Machtkämpfe immer mit Schwertern ausgetragen wurden und beide Parteien danach immer starke Blessuren am Körper hatten, so kann man heute froh sein, dass man beim Prollen noch nicht einmal seinen kleinen Finger krumm machen muss. Denn man trägt ja die Kämpfe nicht auf einem Schlachtfeld aus, sondern ganz gesittet im Alltag. Keiner muss mehr zeigen, dass er der Beste ist, da er super durchtrainiert und mit Mordeslust vor einem steht, das Schwert erhoben, mit furchteinflößenden Augen und nach dem Fight trimphierend die Eisenklinge in die Luft stößt. Nein, heute stellt man sich einfach vor seinen Ferrari, nickt mit verschränkten Armen ganz lässig den Nachbarn und Leuten an der Straße zu und sagt sich, "guckt euch an mit euren GOLF GTIs, ich bin so viel toller als ihr alle". Natürlich gehört auch das Ausführen seiner Liebsten vor den Boulevards der Welt dazu, um zu zeigen, was man im Leben schon erreicht hat, um sich sowas tolles zu leisten.
Gerade fällt mir ein, dass Prollen im Prinzip gleichzusetzen mit Angeben ist. Nur ist wohl Prollen die höhere Form, die etwas auffälligere.
Doch auch die Nachteile vom Prollen sollen hier nicht vernachlässigt werden. So schön Prollen ist, so schwierig wird es, wenn es dabei darum geht, Missstände oder "Schräglagen" zu überdecken. Hat man nämlich nicht das Geld oder die Position für das dementsprechende Objekt, so wird das Prollen zur Farce, der Satz "Gleiches zu Gleichem" gilt nicht mehr (im Beispiel: Manager zu R8).
Man versucht sich also besser zu machen mit dem, was man nicht hat. In diesem Fall das Geld, das man nicht hat für das Auto, das einen aufwerten soll.
Einige Probleme gibt es hier auch im sozialen Umfeld, wenn sich Menschen besondere Dinge aufgrund ihrer Position kaufen, und andere dahingehend ausgegrenzt werden, die sich nicht in dieser Position befinden, sich diese Dinge auch kaufen zu können. Dieser Gruppenzwang führt letztendlich zum Ausschluss aus der wichtigen sozialen Gruppe. Und da Menschen Rudeltiere sind und sozialen Austausch und Kontakt brauchen, um überleben zu können, werden kriminelle Instinkte geweckt, um auf anderem Wege an das zu kommen, was den Aufenthalt in der Gruppe und dessen Fortbestand sichert.
Was aber nicht zu "dieser" Art von Proll zählt, ist die Gruppe, bei der man auch Assi-Tuning und Markenreiter assoziiert. Diese Form des Prolls ist aber wirklich lächerlich und gehört hier nicht her.
Damit kommen wir nun zum Ende des Posts. Wie man sieht, ist Prollen also garnicht so schlecht. Nur sollte man es nicht straight und offensichtlich machen, sondern mit Stil und Contenance.