Dienstag, 21. Juni 2016

Warum ich trainiere

Nun, falls diese Frage im Titel mal aufkommen sollte, in welchem Zusammenhang auch immer, ob mit Gleichgültig gefragt oder mit Leidenschaft an mich herangetragen, würde ich mich zu einer Antwort hinreißen, zu der ich mir im Vorfeld natürlich umfassende Gedanken angelegt habe. Die Frage also, aus welchen Gründen ich mich dazu entschieden habe zu trainieren. Gleich vorweg: Training definiere ich in meinem Falle damit, dass ich mehrmals die Woche ein Etablissement aufsuche, in dem Geräte stehen, die dazu in der Lage sind, dem (Be-)Nutzer, sofern dieser in der Lage ist, eine verrückt hohe Summe für eine Mitgliedschaft freizugeben, die Muskelpartien in seinem (oder ihrem) Körper im Volumen anzupassen. Hierbei sind natürlich der Vielfalt an Möglichkeiten fast keine Grenzen gesetzt. Man kann sich definieren, aufbauen, umbauen oder einfach nur den Leuten verträumt zugucken, wie sie versuchen, ähnlich der Gebärde eines Neugebohrenen akustisch vernehmlich die eigenen Körperteile optisch entsprechend schöner zu gestalten. Dass dieser Prozess nicht innerhalb eines Tages abgeschlossen ist, zeigt eine nicht durchgeführte Studie, die Menschen nicht gefragt hat, wie lange sie sich so in ihrem Leben solch unmenschlichen Qualen freiwillig aussetzen. Aber sei es drum, ich zähle mich feierlich zu der Gruppe Mensch, die Optimierungs- und Verbesserungspotential an ihrem Körper vernommen, akzeptiert, untersucht und für ausbaufähig befunden haben. Nun sehe ich mich also in einer dieser wöchentlichen Talkshows sitzen, werde von einer abstrus gekleideten Talkmasterin nett aber vernehmlich gefragt, warum ich mich dazu entschieden habe, meinen Körper optisch ansprechender in der Welt platzieren zu wollen. Wie andere das halt auch machen. Ich würde dieser Dame im Anschluss sogleich entgegnen, dass ich sehr intensiv diese Frage mit mir selbst diskutiert habe. Letztlich bin ich zu einem Ergebnis gekommen. Hoch erfreut hat mich das, das können Sie als Leser glauben. Kommen wir also zu der Frage, warum ich trainiere. Nun, ich habe mir ein neues Ziel im Leben gesetzt. Dieses Ziel ist zwar nicht unbedingt im Einklang mit anderen Zielen, die ich noch so zu verfolgen pflege, aber jenes obliegt meiner eigenen Entscheidung, nicht geistig, sondern körperlich mein Dasein auf diesem schicken Planeten zu verschönern. Ich verbringe also meine Zeit auf Erden damit, zu bestimmten Situationen, die da so im Leben auftauchen, eine passende Antwort parat zu haben. Stellen Sie sich nun mal folgende, nicht ganz abwegige Situation vor: Sie schaffen es, sich in einer Position zu befinden, bei der Sie Gebrauch von Ihren Muskeln machen müssen. Es geht nicht anders. Es könnte zum Beispiel vorkommen, dass sich vor Ihnen eine Kiste befindet, die doch nun wirklich ziemlich schwer ist. Falls ich also diese schwere Kiste, die zudem mit ganzen vielen Dildos gefüllt ist, hochheben sollte, dann würde ich mich doch leichter tun, hätte ich mehr Muskeln zur Verfügung, die mir beim Hebeprozess Unterstützung leisten könnten. Damit nicht genug: Ich hätte Zeit gespart und käme nicht außer Atem, da ich die Kiste mit Dildos eben schneller heben könnte und dem Transpirationsprozess wären auch Grenzen gesetzt. Man würde Feste feiern. Man würde einen neuen Feiertag ausrufen. Man täte gut daran, dieses Phänomen in den Geschichtsbüchern niederzuschreiben! Man würde all die Dinge für mich tun, ob der Freude, dass da nun endlich einer ist, der sich selbst dazu befähigt hat, seine Freizeit zu opfern, trainieren zu gehen, um nun endlich schwere Kisten mit Dildos hoch- und wegheben zu können. Man würde mich nicht anschauen, als stünde ich neben einer Kameltränke mit einem Tigerkostüm, das Kamel während der Wasseraufnahme grotesk kämmend, sondern ich würde Blicke ernten voll tosender Bewunderung, schmerzvollem Neid und augenblicklicher Ekstase. Und dafür tue ich das, meine sehr verehrten Damen, Herren und afroamerikanischen Radieschendompteure, nur für euch. Damit ihr wieder des Weges flanieren könnt, frohen Mutes und ohne Beschwerden oder Kummer, dass da schwere Kisten mit fraglichem Inhalt den Weg kreuzen. Ich könnte sie nun quickfidel entfernen. Naturschutz pur, mein sehr geehrter Gesangsverein. Ich würde mich sodann erheben, die Talkrunde mit erhobenem Haupt verlassen, um aber im Vorbeigehen nicht die Möglichkeit auszulassen, meine neu angesetzten Muskeln dem Stuntman und Double von Jürgen König unter die Nase zu reiben. Chapó!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen